[Vorangehender Eintrag: "Gegoogelt"] [Nachfolgender Eintrag: "Holzer in der Hauptstadt"]
07. 10. 2005: "Finnegans Zerfall"
Den ganzen Tag Übersetzungen aus dem Finnegans Wake gelesen, lange wie gewohnt in Anspannung, dann mit plötzlich einfallender Höllenangst, gänzlich auf dem falschen Pfad zu wandeln: das Buch beginnt seine langweiligen Seiten zu zeigen. Wenn aber das grösste aller Bücher der Decomposition anheimzufallen droht, ist der Blick auf es falsch. Denn würde man diese Einschätzung ernst nehmen, weil der Schein der Unwahrhaftigkeit, der die Langeweile erzeugt, durch die Mangelhaftigkeit auch der äusserst kunstvollen Übersetzungen an Evidenz gewinnt, trüge alle Kunst den Keim der Unwahrhaftigkeit des Kulturindustriellen in sich und die Reaktion bräuchte keinen Widerstand mehr zu gewertigen. - Vielleicht liegt die Lösung weniger im Betrachten des Buches als in dem des Übersetzens überhaupt. Sie sind nur Zusätze und dürfen sich dem Buch nicht so in die Quere legen, als ob sein Ziel in ihnen läge. Man muss mit ihm spielen gemäss den Kräften, die einem zustehen und zugeben, dass alle Hilfen, so grossartig sie auch sind, ihm äusserlich bleiben. Dann kommt das Rätselhafte und Unbekannte wieder zurück in es, und allem Schein von Unwahrhaftigkeit, der die Kunst aus ihrem Recht karren wollte, ist der Riegel geschoben. - Könnte auch Boulez langweilen, Varèse, Arno Schmidt, das Wallis, Adorno, Nono?